Musica Bayreuth: Ein beeindruckend fröhlich vitaler Konzertabend mit L‘arte dell mondo im Markgräflichen Opernhaus

Sie waren an diesem Samstagabend die Stars auf der Bühne des Markgräflichen Opernhauses: Nachbauten barocker Illusionsmaschinen. Die Originale hat man 1962 in einer großen Entrümpelungsaktion auf einer Deponie entsorgt. Die Bayerische Staatsoper hatte damals ihr weiteres Engagement bei der „Fränkischen Festwoche“ davon abhängig gemacht, dass auf der Bühne im Opernhaus „aufgeräumt“ werde. Was man dann auch tat. Was sich die Verantwortlichen damals dabei gedacht haben? - Vermutlich wenig bis nichts. Hirnlos, eben.
Umso schöner, dass es diese Effektmaschinen dank eines ebenso ehrgeizigen wie irrwitzigen Schulprojekts wieder gibt. Fachgerecht konstruiert und von ihrer Klangwirkung her schlichtweg verblüffend. Zumal wenn man sie, wie in diesem Konzert, einmal im Zusammenwirken mit einem Orchester erleben darf.
Für das auf Einladung der Musica Bayreuth im Opernhaus gastierende Orchester L‘arte dell mondo war das übrigens auch Neuland, wie Dirigent Werner Ehrhardt im Verlauf des Abends verkündete. Weshalb er diesen Maschinen reichlich Gelegenheit gab, gemäß dem Motto des Konzerts, für Sturmmusiken, zu sorgen. Und so zogen drinnen im Opernhaus in steter Folge Unwetter auf und wieder ab. Was für ein Spektakel!
Wobei anzumerken ist, dass diese Art von Begleitmusik in den Werken, die L‘arte dell mondo an diesem Abend präsentierte, nicht zwingend vorgesehen ist. Aber, wie im Verlauf des Konzerts immer wieder festzustellen war, hervorragend dazu passt. Jean-Féry Rebels (1666 – 1747) „Les Éléments“, beispielsweise, ist eine Art barocke Programmmusik, die einerseits ganz dem Geist ihrer Zeit verhaftet ist und dennoch in die Zukunft weist. So dominieren in dieser Komposition zwar, wie damals üblich, Tanzrhythmen das musikalische Geschehen, doch in der Darstellung der Elemente Feuer, Luft, Wasser und Erde beschritt Rebel neue Wege. Wobei er allerdings durchaus darauf bedacht war, sein Publikum nicht vor den Kopf zu stoßen. Man findet sich daher auch ohne Wissen um die Programmatik in dieser szenischen Symphonie zurecht. Zumal, wenn sie so plastisch dargeboten werden, wie an diesem Abend. Denn Ehrhard und sein Orchester verfolgten einen klaren, geradlinigen Kurs ohne Experimente, investierten dafür aber kräftig in Klangfarben.
Vital und farbenfroh präsentierte sich daher nicht nur Rebels Elemente, sondern auch Marin Marais‘ (1656-1728) Best-of seiner Oper Alcione. Gleich vier Orchestersuiten hat er mit den schönsten Melodien daraus geformt; L‘arte dell mondo offerierte in diesem Konzert die vierte: Barocke Tanzmusik, rhythmisch mitreißend und reich an Effekten.
Da Georg Philipp Telemanns (1681-1767) „Wassermusik“ sowie die zu guter Letzt in Szene gesetzten musikalischen Naturgewaltenmalereien Jean-Philippe Rameaus (1683-1764) sich nahtlos und daher bestens in die Programmatik „Sturmmusiken“ einfügten, hatte man am Ende dieses Abends den Eindruck, einer Art barocken Popkonzerts beigewohnt zu haben: Tosende Naturgewalten und effektvoll verglühende musikalische Sternschnuppen.
Entsprechend enthusiastisch fiel der Applaus aus. Worauf es Ehrhard und L‘arte dell mondo zur Freude des Publikums noch einmal ausgiebig stürmen, regnen und donnern ließen.
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