Von der hohen Kunst des musikalischen Dialogs

Konzert der Kulturfreunde Bayreuth: Brillanter Kammermusikabend mit Viviane Hagner und Till Fellner im Zentrum

Neuntes Abonnementkonzert der Kulturfreunde Bayreuth der Saison 2021/2022: Duoabend mit  der Geigerin Viviane Hagner und dem Pianisten Till Fellner im Europasaal des Zentrums - Fotos: Harbach
Hoch konzentriert, feinsinnig und sensibel im Zusammenspiel: Viviane Hagner und Till Fellner im Europasaal des Zentrums - Fotos: Harbach

 

Beethoven, Schubert, Beethoven und – in homöopathischer Dosis – Anton Webern. Der Kammermusikabend mit dem Pianisten Till Fellner und der Geigerin Viviane Hagner im Europasaal des Zentrums gab sich, was den Programmaufbau anbetraf, geradezu klassisch konservativ. Oder, wie es ein Konzertbesucher ausdrückte: „Nichts, wovor man sich fürchten müsste.“ Wobei, sich zurücklehnen, um die dargebotene Musik einfach an sich vorbeirauschen zu lassen, das war nun auch nicht angesagt. Dafür ist das, was Beethoven, Schubert und Webern zu Papier gebracht haben, viel zu komplex. Man musste schon genau hinhören, genau zuhören, um dem folgen zu können, was dargereicht wurde.

 

Auf der anderen Seite sind diese Sonaten, ebenso wie die vier Stücke für Geige und Klavier Anton Weberns, auch kein Spaziergang für diejenigen, die sie darbieten wollen. Es wird auf musikalischer Ebene viel miteinander geredet in diesen Kompositionen, selten richtig laut, dafür ungemein intensiv. Und das wiederum in allen nur denkbaren Klangfarben.

 

Schuberts Sonate für Arpeggione und Klavier in a-moll, D821, gibt sich dabei noch am eingänglichsten; reich an musikalischen Einfällen, verspielt und gelegentlich durchaus virtuos. Ein beliebtes Werk bei Cellisten, in der Fassung für Geige und Klavier von Anton Diabelli ist es eher zu selten zu hören. Viviane Hagner und Till Fellner machten daraus eine Art Kaminplauderei, arbeiteten konsequent die musikalischen Einfälle Schuberts heraus – und deren gibt es hier ungemein viele – und blieben im Tonfall zumeist verbindlich. Ein akkurat dargereichtes wunderschönes Stück Musik.

 

Die beiden Beethovensonaten gaben sich da schon sperriger. Insbesondere die Sonate Nr.8, op. 30, in G-Dur, mit der Hagner und Fellner das Konzert eröffneten. Denn in diesem dreisätzigen Werk gestaltet sich der Diskurs zwischen Geige und Klavier mühsam. Viele kurze Einwürfe - das Stilmittel der Sforzati sorgt zusätzlich für einen teils schroffen Tonfall - dazu eine gewisse Dramatik im Ausdruck: der Einstieg in diesen Konzertabend war schwierig. Zumal man sich anfänglich nicht des Eindrucks verwehren konnte, dass sich auch Hagner und Fellner auf der Bühne des Zentrums erst noch finden mussten. Da war viel Anspannung im Spiel, vor allem bei Hagner, die sich jedoch dann im zweiten, dem langsamen Satz löste. Und da wurde dann auch offenbar, mit welcher Feinsinnigkeit, mit welcher musikalischen Intelligenz die beiden musizierten. Das war schon beeindruckend.

 

Noch deutlicher wurde dies beim letzten Programmpunkt des Abends, der letzten Sonate Beethovens für Geige und Klavier, Nr.10, op. 96. Denn dieses Werk kommt heiter und beschwingt, fast schon im Plauderton daher. Ein Eindruck, der allerdings auch von der unglaublichen Anschlagskultur Fellners sowie dem wunderbar singenden Ton, den Hagner ihrer Geige zu entlocken vermochte, getragen war.

 

Die vier Stücke für Geige und Klavier, op.7, Anton Weberns, mit denen Fellner und Hagner den zweiten Teil des Konzerts eröffneten, gingen dagegen leider fast schon unter. Zum einen, weil sie, wie für Webern typisch, sehr kurz, sehr knapp gehalten sind, zum anderen, weil man, trotz Pause, noch die schubertsche Opulenz im Ohr hatte. Dagegen wirkten die dürren Worte Weberns geradezu ernüchternd. Da hätte es etwas mehr Zeit gebraucht, um in musikalischen Kosmos Weberns eintauchen zu können. So jedoch rauschten die vier Miniaturen, obgleich gekonnt pointiert in Szene gesetzt, an einem regelrecht vorbei.

 

Langer, herzlicher Applaus, für den sich Fellner und Hagner mit einem wunderbar in sich ruhend vorgetragenen, zweiten Satz aus Schuberts Sonatine in g-moll, D 408 bedankten.

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