Musica Bayreuth 2021: Mit Salut Salon auf heiter vergnüglicher Traumreise
„In Träumern wie in Trunkenen, in Dichtern und fiebernden Menschen ist nichts wacher und stärker als die passive und fühlende Natur. Daher werfen im Traum alle Gefühle höhere Wellen und das ganze Herz ist flüssig.“ – so die Erkenntnis des großen Jean Pauls, der sich des Öfteren rühmte, ein „großer Träumer“ zu sein.
Nun haben sich also die vier Damen von Salut Salon in die Welt der Träume begeben. Eigentlich wollten sie das bereits vergangenes Jahr tun, doch Corona funkte ihnen dazwischen. Mit Teilen ihres neuen Programmes „Magie der Träume“ sind sie dennoch auf Tour gegangen, mit einem entsprechend ausgestatteten Truck.
Doch nun endlich, am vergangenen Montagabend, nach gut einem Jahr, wieder eine richtige Bühne, nämlich die des Markgräflichen Opernhauses. Für Angelika Bachmann (Geige), Iris Siegfried (Geige), Kristiina Rokashevich (Klavier) sowie Heike Schuch (Cello) ein besonderes Konzert, wie Bachmann verriet. Und das hat man ihnen auch angemerkt. Mit vollem Körpereinsatz und reichlich Materialverschleiß – da verabschiedeten sich büschelweise Bogenhaare – rauschten sie hinein, in ihre Welt der Träume. Astor Piazollas „Tango del Diablo“ machte den Anfang - ein wahrer Teufelsritt. Tanzen wäre dazu nicht mehr möglich gewesen, aber das war ja auch nicht das Ziel. Stattdessen ging es nach wildem Auftakt behutsam Schritt für Schritt hinein, in die geheimnisvolle Welt der Träume.
Wobei es vor allem die ruhigen Nummern waren, die berührten. Wie etwa der von Bachmann als Duett angelegte „Traum im Reisfeld“. Eine Zungentrommel im unaufgeregt leisen Dialog mit einem Cello. Oder der „Gastauftritt“ Oskars, einer Marionette, die lautlos, dafür aber mit Nachdruck eine Träumerei einforderte.
Bei derartigen Nummern merkte man die Erfahrung, die Salut Salon im Bespielen der Seele des Publikums hat. Sie wissen genau um die Wirkung dessen, was sie auf der Bühne präsentieren. Und sie spielen damit gekonnt. Dieses Programm ist wie eine Wundertüte konzipiert; ein einziges Auf und Ab, wie das eben bei Träumen so ist. Mal wild und stürmisch, mal sanft und innig. Darin gut versteckt, auch das ist Salut Salon, Virtuoses. David Poppers „Polonaise de Concert“ beispielsweise, im Original eine wundervoll feurige Bravourromanze für Violoncello und Orchester. Oder Paul Neros „Hot Canary“, ein Violinsolo, in dem sich Paganini und Swing die Hand reichen. Das ist schräg, das hat Witz und ist vor allem eines, nämlich spektakulär. Fürs Klavier ist natürlich auch solch eine Gelegenheit eingerichtet, da gibt es - Franz Liszt lässt grüßen - eine hochvirtuose Bearbeitung des berühmten Walzers aus Tschaikowskys Ballett „Dornröschen“. Dazwischen geben Angelika Bachmann, Iris Siegfried, Kristiina Rokashevich sowie Heike Schuch mal locker und launig das Hexeneinmaleins oder eine Bearbeitung von Paul Dukas berühmten „Zauberlehrling“ zum Besten.
Das wirklich Bemerkenswerte an dem Auftritt der vier Musikerinnen war die frappierende Leichtigkeit, mit der sie auf der Bühne agierten. Da wirkte nichts aufgesetzt oder bemüht, selbst die kleinen Zaubernummern nicht, da floss das eine einfach spielerisch in das andere über. Das hatte schon eine circenische Qualität. Und kam auf diese Weise dem nahe, was Salut Salon für diesen Abend versprochen hatte: Traumwelten nämlich.
Verständlich, dass das Publikum am Ende des Konzerts die vier Musikerinnen gar nicht mehr von der Bühne lassen wollte. Denn, wer verlässt schon gern die Welt der Träume? – Eines jedoch hat wohl jeder, der diesen Abend im Opernhaus erlebte, mit nach Hause genommen: das „flüssige Herz“, wie Jean Paul es nannte.
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